Skip to main content

Ärgerst du dich auch ab und zu über dich selbst? Und umso mehr, wenn du ununterbrochen etwas predigst und es dann nicht ganz so ununterbrochen tust?

Diese Momenten passieren immer im „Kommunikationsraum“, dort also, wo du mit anderen Menschen zusammentriffst. Dort, wo Beziehung entsteht. Und Kommunikation ist nichts anderes als ein Vehikel für Beziehungsgestaltung.

So einen Moment hatte ich gerade: ein kleiner Junge hat ein riesiges Kreidegemälde quer über die Wohnstraße gemalt – du weißt schon, mit Sonne, Haus und Baum und vermutlich war da auch noch ein Vogel (aber so genau habe ich dann nicht geschaut!) und alles wunderbar bunt, so wie es sich gehört, so, wie wir es auch gezeichnet haben in dem Alter – und ich grüße die Mutter, die auch dabei steht aber wenig involviert scheint und weiche sorgsam dem Gemälde aus, um es nicht mit Füßen zu treten (dafür hat es noch gereicht!). Im Weitergehen drehe ich mich um, weil mir vorkommt, dass ich da etwas übersehen habe, dass ich mir eigentlich mehr Zeit zum Betrachten und Mich-Freuen hätte nehmen dürfen. Und da sehe ich, dass die Mutter ihrem Sohn den Rücken zudreht, während er mit ihr spricht, und ihre Haltung lässt darauf schließen, dass sie sich mit ihrem Handy beschäftigt.

In mir kommt sofort die Predigerin hoch von wegen „wo lernen Kinder Achtsamkeit? Nicht in der Schule, sondern zuhause!“ – bis mir plötzlich bewusst wird: ICH selbst hatte eine Chance für Achtsamkeit einfach vertan. ICH selbst hatte die Möglichkeit, etwas zu tun, was jeder normale Mensch mit Augen im Kopf und der Fähigkeit zu sprechen in solch einer Situation tun könnte. Ich hätte stehen bleiben können um meiner Freude über das Kunstwerk des Jungen, das ich im Vorübergehen als solches empfunden hatte, Ausdruck zu verleihen. Ich hätte tatsächlich ETWAS SAGEN können, anstatt im Inneren erfreut aber im Außen unbeteiligt weiterzugehen.

Es sind nicht die großen Momente, die wir verpassen, richtig zu leben. Es sind die kleinen, scheinbar unbedeutenden. Und dennoch besteht das Leben – besteht Beziehung – nur aus diesen.

Ich kann diesen Moment nicht wieder wiederholen, aber ich hoffe zumindest für den nächsten gelernt zu haben.